Logo agrarheute digitalmagazin

Artikel wird geladen

Alles neu macht der Mai

Aufgeräumt sieht der neue Vierkreiselschwader Liner 4700 aus. Rahmen, Fahrwerk, Antrieb und Seitenarme - fast alles konstruierten die Ingenieure neu.

Auf den Punkt

  • Ohne Werkzeug lässt sich die Schwadbreite für schmale Pick-ups oder Häcksler einstellen.
  • Rahmen, Aufhängung, Fahrwerke unter den Kreiseln und der Antrieb sind neu entwickelt.
  • In der einfachen Ausstattung fehlt die hydraulische Höhenverstellung am 70.000-Euro-Schwader.

Wir sagen nicht, was neu ist. Wir sagen, was die Claas-Ingenieure nicht verändert haben: die saatengrünen Farbe und die Schwadglocke mit den Zinkenarmen, wobei das mit der Farbe nur teilweise stimmt. Claas-Fans fällt an den neuen Liner-Schwader sofort der graue statt einem weißen Anbaubock auf.

Bei Claas sind die großen Liner-Schwader für die Grünlandtechnik so etwas wie der Dominator für die Mähdrescher. Bereits 1999 stellte Claas den Vierkreiselschwader vor. Über 20 Jahre später sind sie nicht mehr nur Technik für Großbetriebe. Sie geben dem Schwaderfahrer ein wenig Chancengleichheit, bevor die Häckselkette ihn einholt.

Die Familie der Vierkreiselschwader bei Claas ist einfach erklärt: Unser Liner 4700 mit 12,70 m ist der Nachfolger des Liner 3600. Dann folgt der Liner 4800 mit 13,60 m. Als großes Toppmodell kommt der Liner 4900 mit 15 m Arbeitsbreite. Der fährt auch Teleskoparme aus – die krakenähnliche Kreiselaufhängung gibt es für ihn nicht mehr.

Business nennt Claas das Maschinenpaket für die anspruchsvollen Anwender. Dann ist so alles an elektronischer Steuerung an Bord, was die Claas-Ingenieure in Bad Saulgau draufhaben. Business bedeutet auch 5.800 Euro mehr – so viel kostet das Luxuspaket.

Wir waren mit der Testmaschine Liner 4700 unterwegs, die es nur in der Trend-Ausstattung gibt. Das Konzept: schiere Arbeitsbreite bis 12,70 m, 3,90 m Transporthöhe ohne die Arme abzubauen, fast keine Elektronik und eine einfache Bedienung über Direktanschluss. Außerdem ist er für einen Großflächenschwader recht geländegängig. Die Schwadkreisel sind mit 3,30 m Durchmesser eher klein und daher auch geschmeidig genug für Flächen, die nicht topfeben sind. Durch die neue kardanische Aufhängung der Kreisel dürfen sie sich in alle Richtungen anpassen – das können nicht viele Liner-Mitbewerber.

Ab 69.700 Euro startet die Gut-und-günstig-Ausstattung Trend und ist damit die Einstiegsdroge in die Futterwerbung mit Großflächenschwadern. Betriebe mit rund 600 ha Erntefläche rüsten sich mit dem Vierkreiselschwader für eine schnelle Silageernte in Eigenregie (siehe Kasten Mindesteinsatz).

Wir sagen ein Muss für Vierkreiselschwader: Mit angebauten Zinken bleibt der Liner mit absenkbarem Fahrwerk schon immer unter 4 m Transporthöhe. Mit Druckluftbremse darf er bis zu 40 km/h schnell unterwegs sein.


Trapezförmig mit breiter Schulter bildet der neue Rahmen das Rückgrat. Alle Leitungen sind im Inneren verlegt.

Das Kreiselfahrwerk sieht wie eine Krake aus. Die Höheneinstellung gibt es in der Trend- Version nur mechanisch.

Praktisch gelöst: Jeder Schlauch und jedes Kabel hat seinen Platz im neuen Galgen.

Darauf ist man bei Claas stolz: Die Kreisel hängen kardanisch gelagert an den Seitenarmen. Eine Kombifeder für Zug und Druck beruhigt sie bei hohem Schwadtempo.

Ausgefahren müssen sie hohe Kräfte aushalten: Die Sandwich-Träger (vorne) teleskopieren aus den neuen C-Profilen.

Einfach Schwadbreite anpassen

Eine spannende Neuerung am Liner vorneweg: Wie breit der Liner das Schwad ablegt, ist einstellbar. Das ging vorher auch schon, aber mit Bolzen und nicht so einfach. Die Rundballenpresse mit schmaler Pick-up im späten Schnitt bekommt ein schmales Schwad mit 1,30 m. Folgt der Häcksler als Erntefahrzeug, bekommt er die volle Breite und ein 2,20-m-Schwad. Dazwischen gibt es weitere Einstellstufen.

Um die Breite der Schwade zu verändern, muss der Liner in Transportstellung klappen. Dann die Begrenzungsstangen aus der Kulisse nehmen und in das Lochraster einhängen – fertig.

Mit den vorderen Teleskoparmen variiert der Fahrer die Arbeitsbreite hydraulisch. Die sind neu, flinker im Ein- und Ausfahren und stabiler. Wenn gefordert, macht sich der Liner mit ihnen noch schlanker als sein Vorgänger und schiebt seine Kreisel auf die minimale Arbeitsbreite von 9,30 m zusammen.

Starkes Rückgrat, Absage ans Öl

Claas bleib in Sachen Antrieb der Mechanik treu und verbaut Wellen statt Ölmotoren. Mitbewerber verpassend den hinteren Schwadkreisel mehr Zinken, da diese die doppelte Futtermenge bewegen, und lassen die vorderen schneller drehen. Bei Claas gibt es hier bewusst keine Unterschiede. Im Gegenteil: Die Übergabe vom vorderen an den hinteren Kreisel sei abgestimmt und gleiche Kreiseldrehzahlen sorgten für ein gleichmäßiges Schwad.

Die Kurvenbahn läuft im Fließfett und lässt sich nicht verstellen. Aus unserer Sicht: für einen Vierkreiselschwader, der viel in Silage läuft, ist das auch nicht notwendig.

Was beim Säugetier die Wirbelsäule, ist am Schwader der Rahmen. Vorbei sind die Zeiten von einfachen Stahlprofilen. Das Liner-Rückgrat ist trapezförmig mit breiten Schultern und Verstrebungen. Es leitet die Kräfte der Seitenarme in den Hauptträger. Die neuen Ausleger sind stabiler und teleskopieren die vorderen beiden Schwadkreisel auf maximale Breite.

Der Antrieb versteckt sich nicht in den Teleskoparmen. Stattdessen spannen sichdie Antriebswellen in Fahrtrichtung nach vorne ab. Auch das ist neu: Den Antriebsstrang sichert eine Reibkupplungstatt wie früher Nockenschaltkupplungen. Diese vertragen mehr Leistung, sind aber nicht wartungsfrei. Gut: Mit Freilauf im Y-Getriebe dürfen sich die eingeklappten Kreisel auch während der Fahrt drehen, falls sich ein Zinkenarm im Baum verfängt.

Das Anbauen ist mit dem praktischen 1-Hand-Stützfuß eine Paradedisziplin von Claas –ohne Bolzen und Splinte friemeln zu müssen. Die neue Schlauchaufbewahrung schafft Ordnung und macht Spaß. Mit gelaserten Symbolen und farbigen Markierungen hat sich hier jemand Gedanken gemacht!

Unser Liner dockte mit fünf Leitungen an das Traktorheck. Business-Modelle bekommen noble Kennfixx-Stecker. Auf die kann man verzichten, im Gegensatz zur mechanischen Folgeschaltung. Die ist aus unserer Sicht Pflicht!

Für 820 Euro beginnen sich die beiden hinteren Kreisel verzögert zu liften, sobald die vorderen Kreisel am Vorgewende ausheben. Die Verzögerung bestimmt eine einstellbare Mechanik an den Ventilen im Hauptrahmen. Hat der Traktor elektrische Steuerventile, so wie unser Arion 460,ist das von Vorteil: Über die Zeitfunktion heben mit einem Tastendruck alle Kreisel aus oder setzen ein. Mit mechanischen Steuergeräte hält man den Hebel ziemlich lange in der Hand.

Nachteil der Folgeschaltung: Einen optionalen Einzelkreiselaushub gibt es dann nicht. Wer die Folgeschaltung braucht, muss die elektrohydraulische Plus-Bedienung und die Cemis-10-Box ordern (2.574 Euro) und ist dann obendrein die Entriegelung per Seilzug los.

Dass praxisnahe Ingenieure am Liner einiges an Kopfzerbrechen investiert haben, sieht man an vielen Stellen, beispielsweise an den klappbaren Beleuchtungsholmen. Fürs Waschen und Warten klappen sie nach oben weg. Praktischer Nebeneffekt: Wer die Leuchtenträger bei Schmuddelwetter im vierten Schnitt hochklappt, hat später auf der Straße saubere Blinker- und Rücklichter.

Zum ersten Mal bei Claas sehen wir die neuen Fahrwerke unter den Kreiseln. Wie eine Spinne auf drei Beinen stützen sie sich ab. Die Kreiselräder reichen dadurch noch näher an die Zinken ran und merken Höhen und Tiefen auf der Wiese früher. Bei unserer Testmaschinen trugen je vier Räder mit pendelnder Vorderachse ein Kreiselfahrwerk. Endlich gibt es jetzt auch das 6-Fach-Fahrwerk für alle vier Kreisel. Früher hatte das nur der größte Liner. Die Arbeitshöhe stellt der Fahrer mit einer Kurbel ein – an jedem Kreisel einzeln. Sehr gut ist die Skala zur Anzeige der Höhe. Von der Kabine aus kann man die hinteren nicht sehen – schade! Für den Trend-Schwader steht eine hydraulische Höhenverstellung auf unserem Wunschzettel.

Unser Testurteil

Claas hat die Liner-Vierkreisler neu gedacht. Der Liner 4700 Trend ist die Einstiegsdroge für die Eigenmechanisierung und eine ideale Mietmaschine – einfach zu bedienen und wenig Kompromisse in der Ausstattung. Bei drei Schnitten und jeweils 200 ha Erntefläche dreht sich nicht nur der Schwader, sondern auch das mit den Kosten. Auch wenn der Liner 4700 Trend die einfache Ausführung sein soll – mit über 70.000 Euro spielt er ganz oben mit. So gut die Bodenanpassung des Liners ist, in Sachen Preisniveau wäre mehr Erdung nötig. ●

Digitale Ausgabe agrarheute

Schön, dass Sie in die digitale agrarheute reingelesen haben. Ihr überregionales Fachmagazin für moderne Landwirtschaft liefert Ihnen jeden Monat Informationen aus Politik, Technik und Tierhaltung und Ackerbau. So bleibt Ihnen mehr Zeit für das Wesentliche: die Landwirtschaft.

✔ Immer und überall verfügbar
✔ Artikel teilen
✔ Zusätzliche digitale Inhalte gegenüber der gedruckten Ausgabe
✔ Artikel merken und später lesen