Kunst vom Hof
Rainer Franken und Stephan Hünting
Auf dem Hof von Rainer Franken steht ein Fendt 718. Das ist erst mal nichts Besonderes. Ungewöhnlich ist allerdings, dass der Schlepper zahlreiche Schaulustige aus der Region anzieht, denn er ist aus Tausenden von Hufeisen zusammengesetzt.
„Ich schmiede schon seit knapp zehn Jahren Skulpturen aus Hufeisen“, sagt der Milchviehhalter aus Uedem-Keppeln. „Meine Frau hat sich damals eine Kugel gewünscht. Das fand ich aber zu langweilig und habe ihr ein Pferd geschweißt.“ Das sprach sich im Freundeskreis und in der Region herum. Seitdem stellt er auf Kundenwunsch individuelle Skulpturen her.
Die Idee, einen Traktor zu bauen, kam ihm eines Abends an der Theke. Doch für so ein großes Projekt brauchte er Hilfe und sein Freund Stephan Hünting, der als Maschinenbauingenieur bei einem Landtechnikhersteller arbeitet, war bei der Schnapsidee sofort mit dabei. „Zuvor hatte ich mit Hufeisen nichts am Hut. Das sollte sich dann aber sehr schnell ändern“, erzählt er lachend.
Insgesamt haben die beiden Freunde knapp sechs Monate an dem Trecker gebaut. „Anfangs haben wir auch versucht, die Stunden nachzuhalten. Irgendwann haben wir den Überblick verloren“, sagt Stephan Hünting. Was sie jedoch sehr genau wissen, ist, wie viele Hufeisen sie verbaut haben. Verraten wird das aber erst mal nicht, denn „nach Corona, beim nächsten Dorffest, wird es eine Schätzfrage dazu geben“.
So bleibt der Fendt 718 auch zunächst das einzige Großprojekt von Stephan Hünting und Rainer Franken. „Es war in dem trostlosen Jahr eine Freude, zu sehen, wie die Leute kamen, um sich über den Trecker zu freuen. Da war dann schon der Gedanke da, sofort weiterzumachen. Aber wir brauchen dann doch erst mal eine kreative Schaffenspause“, sagt der Landwirt.
Ein Ziel haben die beiden dennoch vor Augen: „Es gibt da einen Weltrekord, der mit verbauten Hufeisen zu tun hat. Das wäre schon noch eine Herausforderung. Wir wissen ja schließlich, wie viele Hufeisen im Trecker stecken und was wir zu zweit stemmen können.“
Bis es so weit ist, konzentriert sich Rainer Franken aber weiterhin auf seine Auftragsarbeiten, die er selbst als „bezahltes Hobby“ bezeichnet. Schließlich bezahlen sich die Hufeisen, die für den Weltrekordbau nötig sind, nicht von selbst.
Schnitzereien mit der Kettensäge
Daniel Sulzberger
Daniel Sulzberger Mit Motorsägen kann man viel mehr machen, als nur Bäume zu sägen. Das beweist Daniel Sulzberger, der das sogenannte Carving ausübt und Kunstwerke mit der Kettensäge zaubert.
Der 24-jährige Hofnachfolger geht schon „seit er denken kann“ mit seinem Vater in den Wald. Und als er alt genug war, um selbst mit der Kettensäge umzugehen, hat er diese Fertigkeit mit seiner kreativen Ader gekreuzt. Seitdem nutzt er die Säge nicht nur zum Bäumefällen, sondern auch, um filigrane Figuren zu schnitzen. „Meine erste Figur war ein Pilz. Das war 2015“, erinnert sich Daniel Sulzberger an die Anfänge zurück. Seitdem haben sich seine Fertigkeiten mit der Kettensäge immer weiterentwickelt und er schnitzt heute auch komplizierte Figuren mit viel Liebe zum Detail – alle ausschließlich aus Holz aus dem heimischen Wald. So hat sich sein anfängliches Hobby zu einem Zuverdienst entwickelt. Aufgrund von Weiterempfehlungen von Freunden und Bekannten sind immer mehr Leute auf seine Kettensägenkunst aufmerksam geworden und mittlerweile verschickt er seine Werke auch deutschlandweit per Spedition. „Auftraggeber sind vor allem Privatpersonen, die die Skulpturen zum Beispiel in ihren Garten stellen oder als Geschenk verwenden. Aber auch für Gemeinden und Firmen säge ich Figuren nach Wunsch.“
Am häufigsten schnitzt er verschiedene Tiere. Die sind besonders beliebt und werden oft in Auftrag gegeben. „Besonders gefallen mir neue Motive, die ich zum ersten Mal schnitze“, sagt er. „Dann kann ich dazulernen und mich weiterentwickeln.“
Für seine Arbeiten nutzt Daniel Sulzberger aktuell vier verschiedene Kettensägen: „eine große, eine mittlere und zwei kleine“. Prinzipiell handelt es sich um Modelle, wie sie in der Forstwirtschaft verwendet werden. Allerdings ist eine Carving-Maschine mit anderer Kette und speziellem Schwert ausgestattet: „Die Kette ist feiner und das Schwert läuft vorne sehr spitz zu. So gibt es keinen Rückschlag und die Details lassen sich besser ausarbeiten.“ ●
Manuel Scholz
Die eigene Maschine als Kunstwerk
Der Bezug zur Landwirtschaft und der Respekt vor der Arbeit der Landwirte wurden Manuel Scholz in die Wiege gelegt. „Meine Großeltern haben bis Ende der 90er-Jahre einen Hof bewirtschaftet, bei dem der Selbstversorgergedanke im Mittelpunkt stand. Statt ins Freibad zu gehen, bin ich als Kind und Jugendlicher lieber mit zur Getreideernte gegangen oder habe bei der Versorgung der Nutztiere geholfen“, sagt er. So widmet der gelernte Gesundheits- und Krankenpfleger und freiberufliche Künstler seine Freizeit der Landwirtschaft. „Ich möchte unsere überlebenswichtige Lebensader Landwirtschaft mit meinen Bildern präsentieren, um sie auf diese Weise auch den Menschen näherzubringen, die keinen Bezug zu ihr haben“, erklärt der 40-Jährige, der seit seinem 13. Lebensjahr malt.
Inspirieren lässt er sich bei seinen Bildern unter anderem von der Feldarbeit direkt vor seiner Haustür. Aber auch Auftragsarbeiten gehören zu seinem Repertoire. „Das eigene Gerät oder die eigene Maschine als Porträt zu besitzen, ist etwas Besonderes. Dementsprechend sind die Begeisterung und die Nachfrage bei den Landwirten sehr groß.“
Besonders ist außerdem, dass Manuel Scholz bei seinen Gemälden verschiedene Malinstrumente verwendet. Kohle, Graphitstäbchen, Fineliner, Filzstifte, Aquarell, Pastell, Acrylfarben und Buntstifte: Um auch die feinsten Details in seinen Bildern herauszuarbeiten, nutzt er alle Möglichkeiten, die die Malerzunft ihm bietet.
Werner Härtl
Gar nicht anrüchig: Malen mit Kuhmist
Der Betriebshelfer macht Scheiße zu Geld – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn er ist 2012 während der Stallarbeit auf die Idee gekommen, mit Kuhexkrementen zu malen. Kurzerhand tauchte er einen Kanister in die Gülle, nahm ihn mit nach Hause und begann, zu experimentieren.
„Es war ein wenig Übung notwendig, um das grobe Zeug in die gewünschte Position zu bekommen“, sagt der Künstler. Doch mittlerweile bepinselt er fast alle Untergründe mit Gülle und veredelt die Gemälde auf Wunsch mit Farbpigmenten oder Blattgold. Den Motiven sind dabei keine Grenzen gesetzt: „Ob Haus, Tiere, Fahrzeuge oder ein Spruch nach Wahl: Mit Kuhmist ist fast alles möglich und das Gemälde wird garantiert einzigartig.“
Werner Härtl legt allerdings nicht nur Wert auf Individualität. „Mir ist es auch sehr wichtig, dass ich etwas für jeden Geldbeutel anbiete – von kleinen Geschenkartikeln über persönliche, kleinere Gemälde bis hin zu großformatigen, mitunter mehrteiligen Kunstwerken.“ Seine Kunden danken es ihm mit wachsendem Interesse und mittlerweile ist seine Kuhmistkunst ein wichtiger Teil seines Einkommens. So ist es keine Überraschung, dass das Abarbeiten seiner Auftragsarbeiten momentan oberste Priorität hat.
Dennoch will sich der kreative Kopf nicht auf seinem Erfolg ausruhen und ist bestrebt, sein Handwerk ständig weiterzuentwickeln. „Ich möchte die Mischtechniken mit Kuhmist und Pigmenten verfeinern, meine eigene Fichtenharzfirnis herstellen und so in meinen Werken zunehmend nur natürliche Materialien aus meiner Umgebung verwenden.“ Zudem probiert er zurzeit aus, ein eigenes Papier von und für Kuhmist herzustellen.
Übrigens: Auch, wenn es recht exotisch scheinen mag, mit Kuhmist zu malen, ist die Idee an sich nicht neu. Werner Härtl erklärt: „Weil er so gut haftet, erfreute sich frischer Kuhmist mit Kalkmilch vermischt früher großer Verbreitung als deckender Anstrich für Innenräume.“ Sogar Küchen wurden damit gestrichen. Da kann man nur froh sein, dass die außergewöhnliche Farbe überraschenderweise geruchsneutral ist.
Sebastian Kortekamp
Trecker und Co. als wärmende Feuerschale
Corona hat viele Auswirkungen auf unseren Alltag. Allerdings sind nicht alle davon negativ. Sebastian Kortekamp aus Kalletal in Nordrhein-Westfalen hat der Lockdown im letzten Jahr ein neues Hobby beschert, das er zu einer neuen Einkommensquelle ausbauen will.
Anfang 2020 hat der gelernte Garten- und Landschaftsbauer das Schweißen für sich entdeckt. „Zuerst habe ich Öfen aus alten Gasfalschen gebaut, doch das war mir schnell zu langweilig“, erzählt er. So ist er auf die Idee gekommen, seine Leidenschaft für Land- und Baumaschinen mit seinem neuen Hobby zu verbinden. „Als Erstes habe ich einen Bagger geschweißt. Mittlerweile habe ich aber schon sämtliche Maschinen als Feuerstelle oder Grill gebaut.“
Momentan deckt der Verkauf seiner metallenen Traktoren, MB-Tracs und Mähdrescher die Produktionskosten. „Da wohl noch kein anderer die Idee hatte, lasse ich jedes Modell beim deutschen Marken- und Patentamt eintragen und designrechtlich schützen. Das ist natürlich verhältnismäßig teuer.“ Daher ist er zurzeit auf der Suche nach Investoren beziehungweise Firmen, mit denen er seine Kunst im großen Stil produzieren kann.
„Mein Traum wäre es, eine Firma zu finden, die die Modelle produzieren möchte und für mich somit nur noch der kreative Teil bleibt. So könnte ich immer weiter neue Modelle entwickeln.“ So habe er zum Beispiel schon Ideen, seine Öfen künftig mit weiteren Funktionen auszustatten. „Bis es so weit ist, kann man aber weiterhin Auftragsarbeiten bei mir bestellen. Ich wollte zum Beispiel schon immer einmal einen Maishäcksler bauen.“
Mehr zu den Künstlern
Wer mehr zu den Künstlern und ihren Kunstwerken wissen will, kann sich hier informieren:
Werner Härtl:
Instagram: weeh_achtungsiebzig
Sebastian Kortekamp:
Instagram: das_bastel_werk
Manuel Scholz:
Facebook: www.facebook.com/theportraitpainter
Instagram: theportraitpainter
Daniel Sulzberger:
YouTube: Chainsaw Carver Daniel
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