Last hoch, Kosten runter
Auf den Punkt
- Claas hat sie alle: Radlader, Teleskopradlader, Teleskoplader und Frontladertraktor.
- Die Unterschiede in der Kabine und im Bedienkomfort sind enorm.
- Die teuerste Ladetechnik verursacht 37 Euro/h, die günstigste gerade mal 21 Euro/h.
Die Helden des Hofalltags sind nicht die Traktoren. Es sind die Lader, die ordentlich was wegschaffen. Wir luden als Vertreter Radlader, Teleskopradlader, Teleskoplader und Traktor mit Frontlader zum Speeddating. Im ersten Teil unsers Ladervergleichs blickten wir auf die inneren Werte der vier Claas-Maschinen (siehe „Den Richtigen finden“ in agrarheute 11/2021). Jetzt beleuchten wir die Unterschiede in Kabine und Bedienung. Sie sind enorm, genauso wie die Kosten je Betriebsstunde. Mit unseren Zahlen bringen wir Fakten in die hitzige Debatte um die richtige Ladetechnik.
Teleskoplader: Enge Kabine
Schnell draufsteigen – dafür sind die niedrigen Kabinen vom Teleskoplader perfekt, doch Raumwunder sind sie nicht. Der Hubarm nimmt einfach viel Platz weg. Durch die Sitzposition direkt hinter dem Werkzeug bleibt die Übersicht in Bodennähe beschränkt – egal bei welcher Marke.
Genug gemeckert: Steigen wir in die Kabine des Claas Scorpion 741 Varipower. Kein anderer Lader im Vergleich bietet so eine gute Sicht über die gesamte Hubhöhe. Viel Hubhöhe erzeugt große Hebelkräfte. Daher informiert die Lastanzeige den Fahrer mit LEDs an der A-Säule, wie viel Hub noch sicher geht, und tönt bei Überlast.
Ob das Schutzgitter auf dem Dach außerhalb oder innerhalb der Kabine montiert sein soll, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Claas verbaut es ab den Liebherr-Scorpions innen. Wer den Multifunktionshebel in der Hand hält, hat die ganze Macht über den Lader. Hier wählt der Fahrer die Fahrbereiche, ändert die Fahrtrichtung oder bedient Arm und Werkzeug. Angenehm ist, dass die Armlehne am Sitz verschraubt ist und mitwippt. Eine Luftfederung ist möglich und die Sitzheizung wärmt das Popöchen. Das bietet nur der Teleskoplader und dafür wird er geliebt: Für den Schnack mit dem Nachbarn ist die Kabinentür teilbar.
Das Bremspedal funktioniert im ersten Druckbereich als Inchpedal. Die Feststellbremse zieht per Kippschalter zu. Wer eine Kehrmaschinen anbaut, nutzt die Langsamfahreinrichtung und legt mit zwei Hebeln Geschwindigkeit und Drehzahl fest (und muss nicht ständig das Inchpedal treten).
Die vier Lenkarten bietet sonst keine andere Ladetechnik. Nur der Teleskoplader beherrscht den manuellen Hundegang und schiebt damit leicht schräg mit der Schaufelecke entlang einer Mauer.
Komfortfunktionen gibt es mit der Schaufelrückführung und der Schwingungstilgung auf Knopfdruck. Unser Teleskoplader musste aber ohne Rüttelfunktion und automatisierten Armeinzug für Schaufel oder Palettengabel auskommen.
Radlader: Thront über den Dingen
Wer über die drei weit auseinanderliegenden Trittstufen die Kabine erklommen hat, wird mit reichlich Platz belohnt. Auch hier ist eine luftgefederter Sitz möglich und die Armlehne folgt den Auf- und Abbewegungen. Durch die erhöhte Sitzposition trifft der Blick des Fahrers nach vorne bereits kurz nach dem Werkzeug auf den Boden.
Auch mit dem Radlader und dem Teleskopradlader ist Fahren keine Raketenwissenschaft: Bremspedal mit Inchfunktion, Gaspedal und Joystick – mehr braucht man nicht. Der Joystick unterscheidet sich zu dem im Teleskoplader Scorpion deutlich. Über Knöpfe wählt der Fahrer die beiden Fahrbereiche.
Eine Wippe für die Wendeschaltung sitzt auf der Rückseite des Joysticks. Darauf platziert sich ein kleiner Daumen-Kreuzsteuerhebel, der die Greifschaufel öffnet und schlieißt (dritter Steuerkreis) und am Teleskopradlader den Arm ein- und ausfährt. Der Radladerjoystick hat uns in der Bedienung besser gefallen als der im Scorpion-Lader. Mit dem Mini-Kreuztaster auf dem Haupthebel lässt sich beispielsweise gleichzeitig die Greifschaufel schließen und einkippen. Beim Teleskoplader und auch bei den meisten Frontladern ist das nicht möglich. Hier heißt es, Taste für den dritten Steuerkreis drücken und Hebel nach rechts bewegen.
Unser Radlader Claas Torion 644 Sinus hatte an der A-Säule eine einfachen Anzeige mit den wichtigsten Vitalwerten verbaut. Aufgemotzter kommt der Teleskopradlader Torion mit dem schicken 9-Zoll-Display im Tabletdesign daher. Der berührungs empfindliche Bildschirm zeigt unter anderem die Hubarmposition und mit farbigen Balken die Lastanzeige – auf Wunsch auch das Kamerabild nach hinten.
Die Komfortfunktionen fasst Claas unter dem Begriff Smart Loading zusammen. Davon hat der Tele-Torion einige an Bord. Mit ihnen begrenzt der Fahrer sowohl die Hubhöhe als auch die Tiefe und speichert ab, in welche Position sich die Schaufel auf Knopfdruck zurückbewegen soll. Eine Rüttelfunktion gibt es aber auch hier nicht.
Hievt der Torion sehr schwere Ladung nach oben, wird die Hubgeschwindigkeit langsamer, sobald die Last für die Standsicherheit kritisch wird. Im Extremfall stoppt er den Hub, bevor es brenzlig wird. Für Besen und Mäher gibt es im Scorpion eine Langsamfahreinrichtung, optional mit zusätzlicher Pumpe und 30 l/min mehr Förderleistung.
Große Unterschiede in den Kosten
Egal, welche Ladetechnik zum Zug kommt, in unserem Vergleich stehen Investitionen ab 110.000 bis 140.000 Euro an. Wir haben die vier Maschinen mit KTBL-Maschinenkosten hinterlegt. Ein Ergebnis ist, dass sich die Lader (außer dem Traktor) bei den Kosten je Betriebsstunden nur wenig unterscheiden. Sie liegen im Bereich zwischen rund 21 Euro/h und 26,50 Euro/h.
Wer Radlader fährt, kann in unserem Beispiel mit den geringsten Kosten von 20,98 Euro/h kalkulieren. Für den Teleskopradlader nehmen wir pauschal 10 Prozent höhere Wartungskosten an. Zusammen mit dem höheren Anschaffungspreis steigt der Stundenlohn für den Teleskopradlader auf rund 23 Euro/h.
Höherer Preis, mehr Motorleistung mit mehr Verbrauch und höhere Wartungs- und Reparaturkosten machen den Teleskoplader mit 26,56 Euro/h zum teuersten Vertreter der Lader. Noch mehr überrascht der Traktor mit Frontlader. Wegen den umgangssprachlichen Eh-da-Kosten (der Traktor ist ja sowieso da) sind die Kosten nur schwer zu kalkulieren.
Die günstigen Anschaffungskosten des Laders mit 15.000 Euro für Schwinge und Konsole sind im Vergleich zu den Spezialladern gering, aber die Betriebskosten haben es in sich: rechnet man Betriebskosten für Traktor und Lader zusammen, bucht das Gespann rund 38 Euro/h auf das Kostenkonto – wow!
Der Radlader sollte mindestens 425 Stunden im Einsatz sein, damit sich seine Anschaffung rechnet (siehe Tabelle unten). Wer das nicht erreicht, hat mit dem Frontlader eine günstige Alternative. Auf der anderen Seite wird ab 450 h im Jahr der Frontlader teurer als ein Radlader, wenn wir den Traktor nur mit den variablen Kosten berücksichtigen. ●
„Vielseitigkeit ist unersetzbar“
Traktoren mit Frontlader wie unser eingesetzter Arion 460 sind praktisch und der Fahrkomfort ist klasse. Das Gespann ist die einfachste Kombination und die günstigste. Im Vergleich zu Rad- und Teleskoplader ist die Investitionen um das 10-Fache geringer, der Nutzen aber nur wesentlich kleiner. Es stimmt, dass Traktor und Lader die höchsten Kosten pro Stunde verursachen. Wer aber nicht mehr als rund 400 Stunden im Jahr damit macht, lädt trotzdem günstiger.
Eine Ladeschwinge am Frontlader ist nicht mit dem Hubgerüst am Radlader vergleichbar. Während strapazierte Frontlader nach zehn Jahren durch sind, zeigen sich Radlader noch fit im Hubwerk. Schwere Schubarbeiten oder Erdbewegungen sind nicht die Aufgaben der Lader, aber meistens heißen die Disziplinen Ballenhandling, Misten oder Kleinkram.
Die Flexibilität im Einsatz ist unersetzbar. Das sieht man gut daran, dass viele Betriebe mit einem Rad- oder Teleskoplader häufig trotzdem noch einen Frontlader auf dem Hof haben. Die Entscheidung, welches Fahrzeug zum Einsatz kommt, trifft der innere Schweinehund und nicht der Betriebskostenfreak.
Das sagen unsere Tester:
„Teleskoplader sind richtige Hochstapler“
Für den Scorpion 741 Varipower darf man diesen Ausspruch wörtlich nehmen. An die knapp 7 m Hubhöhe kam kein anderer Kandidat ran. So wie beim Befüllen der Sämaschine ist während Ladearbeiten auf dem Hof häufig die Reichweite der begrenzende Faktor und nicht die Hubkraft.
Der Scorpion ist der Ladeexperte schlechthin. Ballen stapelt man mit keinem anderen Lader so einfach. Das verglaste Dach gibt den Blick auf den ausgefahrenen Teleskoparm frei, wie es kein anderer Lader kann. Man fült sich sicher bei der Arbeit. Da gibt es kein Einknicken oder Schwanken und die Lastanzeige hilft, die Situation realistisch einzuschätzen.
Es mag schon sein, dass der Teleskoplader die kleinste Kabine im Vergleich hat. Das ist aber jammern auf hohem Niveau. Sie bietet genügend Platz um gut und komfortabel arbeiten zu können. Was braucht man da noch mehr? An die beschränkte Rundumsicht muss man sich gewöhnen, aber gut eingestellte Seitenspiegel und eine Rückfahrkamera machen hier einiges wett. Mit der Zulassung als Zugmaschine kuppelt er in Arbeitsspitzen auch mal einen Anhänger an. Höher, weiter, stärker? Dann Teleskoplader Scorpion.
„Keiner ist wendiger; keiner bietet die Sicht“
Es geht immer um Wendigkeit und die Sinuslenkung macht den Torion zum König. Mit der Kombination aus Knickgelenk und Achsschenkellenkung war ich mit dem Torion schon um die Ecke, als die andern noch rangierten. Für mich ist das ein entscheidendes Argument für einen Lader in der Landwirtschaft. Beim Misten, Laden und Stapel ist immer zu wenig Platz.
Von den Abmessungen gehört der Lader eher zu den Großen, aber in Sachen Übersichtlichkeit macht ihm keiner etwas vor. Während am Traktor die Motorhaube stört und am Teleskoplader die Schaufel im Blickfeld steht, sehe ich vom Radlader aus immer, was vorne gerade passiert. Die Komfortfunktionen nutzt, wer täglich viel wiederkehrende Ladearbeit macht. An Funktionen stehen die Radlader dem Teleskoplader in nichts mehr nach.
Die Kombination aus einem wendigen Radlader mit einem teleskopierbaren Ladearm ist mein Highlight in unserem Vergleich und bringt das Beste aus zwei Welten zusammen. Häufig fehlt gerade den mittelgroßen Radladern ein wenig Hubhöhe, um Anhänger zu laden oder sicher mehrstöckig zu stapeln.
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