„Wir sind in einer Zeitenwende“
Mit vollem Bauch über den Hunger anderer zu debattieren, hinterlässt einen schalen Geschmack. Aber die Diskussion ist wichtig, weil unser Tun oder Nichttun globale Auswirkungen hat – ob wir es wollen oder nicht. Der Krieg in der Ukraine zeigt, wie sich abgerissene Nahrungsströme in Afrika auswirken.
Immerhin, die Quote hungernder Men- schen ist seit 1960 von weltweit 34 Prozent auf heute 9 Prozent zurückgegangen. Das Ziel ist „zero hunger“, also eine ausreichende Ernährung aller Menschen bis 2030. Dafür sind bis 2050 zwi. schen 60 und 100 Prozent Produktionszuwachs nötig. Zeitgleich sinkt mit jedem zusätzlichen Erdenbürger aber die pro Kopf zur Verfügung stehende Bewirtschaftungsfläche – 1970 waren es 0,38 ha, 2050 werden es 0,15 ha sein. Können wir es uns da leisten, unsere Produktivität zurückzufahren?
Ein Baustein in der Ernährungssicherung ist der Pflanzenschutz. Hier stehen wir mitten in einer Zeitenwende, wie sie Prof. Andreas von Tiedemann von der Universität Göttingen beschreibt. Global verhindern Pflanzenschutzmittel rund 30 Prozent Ertragsverluste, die ohne sie zwangsläufig wären. Mit 30 Prozent weniger Produktion würde die Hungerrate von 9 auf 37 Prozent hochschnellen. Invasive Arten wie Maiswurzelbohrer oder Kirschessigfruchtfliege, veränderte Virulenzen wie beim Gelbrost oder durch Klimawandel verstärkte Erreger wie Ramularia in der Gerste und Cercospora in Rüben lassen sich nicht wegdiskutieren.
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