Logo AFZ DerWald digitalmagazin

Artikel wird geladen

Die SKT-Unfallstatistik 2021

Abb. 1: Die Arbeit am und im Baum ist gefährlich. Deshalb ist es wichtig, dass der Kletterer ganz bei der Sache ist und auch über einen ausreichend großen Zeitpuffer verfügt.

Schneller Überblick

  • Die Zahl der Unfälle im Bereich der SKT-Arbeiten hat 2021 abgenommen
  • Nachdem die Zahl an Ankerpunktausbrüchen als Unfallursache 2020 dramatisch angestiegen war, gingen die Zahlen 2021 deutlich zurück
  • Als häufigste Unfallursache wurde weiterhin Unachtsamkeit festgestellt
  • Es ist wichtig, Baustellen immer sorgfältig vorzubereiten und mit einem ausreichenden Zeitpuffer zu planen

Im Jahr 2021 wurden der SVLFG demnach 102 Unfälle im Bereich von SKT-Arbeiten gemeldet. Im Vergleich zum Vorjahr sind die SKT-Unfallzahlen somit um den Wert 30 zurückgegangen (Abb. 2). Auch die Zahl der schweren Unfälle ist von 72 (2020) auf 34 (2021) gefallen. Kleiner Wermutstropfen: Die Zahl der leichten Unfälle ist leicht angestiegen

Die Unfallursachen

Im Jahr 2020 bereitete der hohe Anteil an Ankerpunktausbrüchen als Unfallursache einige Sorgen. 2021 ging die Zahl der Unfälle durch Ankerpunktausbrüche jedoch wieder zurück und erreichte einen Wert von 8 (2020: 24).

Eine weitere häufige Unfallursache ist nach wie vor das Abrutschen im Baum oder aus den Steigeisen. Hier sind die Unfallzahlen nahezu gleich geblieben.

Unfälle, die aus Unachtsamkeit passiert sind, stellen die häufigste Ursache dar. In der Regel handelte es sich hierbei aber um leichte Unfälle. Schwere Unfallfolgen aus Unachtsamkeit waren hingegen selten.

Abb. 2: Entwicklung der Unfallzahlen im Zusammenhang mit SKT-Arbeiten in den Jahren 2002–2021

Fallbeispiele

Fall 1

Ein Beispiel für einen schweren Unfallverlauf aufgrund von Unachtsamkeit ist ein Fall, in dem die einzige Kurzsicherung mit der Motorsäge durchtrennt worden ist, weil sie im dichten Efeu am Stamm nicht zu erkennen gewesen war. Hier wäre der Unfall durch vorausschauendes und konzentriertes Arbeiten höchstwahrscheinlich zu vermeiden gewesen.

Fall 2

Laut offizieller Unfallmeldung ereignete sich folgendes: Beim stückweisen Abtragen einer absterbenden Fichte mit einer Höhe von etwa 15 m und einem Stammdurchmesser von 30 bis 40 cm wurde ein 1,2 m langes Stammstück in ca. 6 bis 8 m Höhe abgesägt. Dieses war an einem Zugseil befestigt und sollte abgezogen werden. Beim Ziehen brach der Stamm auf etwa 2 m Höhe ab und fiel mit dem Kletterer um. Das abgesägte Stammstück fiel auf ein Balkongeländer.

So stellte sich der Unfallhergang nach Auswertung des Bildmaterials dar: Der SKT-A-Kletterer stieg mit Steigeisen und Motorsäge in den Baum, entastete ihn und sägte die Krone ab. Diese sollte offensichtlich geriggt werden, da eine Umlenkrolle am Stamm und ein Riggingseil am Baum befestigt waren. Dabei brach vermutlich durch den Fangstoß der Stamm ab und fiel mit dem Kletterer auf das Geländer, wodurch der Stamm durchbrach. Der Verunfallte erlitt einen Beckenbruch und einen Wirbelschaden. Als Ursache wurde fehlende Fachkunde identifiziert.

Fall 3

Bei Rückschnittarbeiten an einer Pyramidenpappel klemmte die Schiene einer Motorsäge im Schnitt an einem Ast ein. Um die Schiene aus dem Schnitt zu befreien, zog der Kletterer an dem angesägten Ast, wodurch er mit den Steigeisen abrutschte. Die Schiene kam frei und schlug gegen den linken Unterarm. Vermutlich durch den Greifreflex und durch die nicht eingelegte Kettenbremse lief die Kette an und verursachte so die entstandenen Verletzungen.

Fall 4

Bei den stückweisen Fällungen mehrerer am Hang stehender Bäume mittels SKT sicherte sich der Kletterer in einer nebenstehenden, ca. 30 m hohen Fichte auf ca. 25 m Höhe. Für den Überstieg von einer Birke in eine Hainbuche wollte der Kletterer ein 60 m langes Seil nutzen, das aber nicht mit auf der Baustelle war. Daraufhin versuchte er es mit einem 45 m langen Seil. Da der Endknoten im Seil fehlte, rutschte das Seilende durch den ZigZag (ein mechanisches Klemmgerät für den Einsatz am laufenden Doppelseil für eine leichtere Fortbewegung im Baum – Anm. d. Red.), sodass der Kletterer ca. 7 m zu Boden fiel. Dabei zog er sich eine Lendenwirbelfraktur zu. Als Ursache wurde Unachtsamkeit festgestellt. Der Verunfallte hat zum einen den Endknoten im Seil für den Überstieg vergessen, zum anderen hätte die Möglichkeit bestanden, eine Hubarbeitsbühne auf dem Nachbargrundstück zu platzieren, um so die Unfallgefahr zu reduzieren.

Fall 5

Was passiert, wenn sich die Lage vor Ort nur schwer beurteilen lässt, zeigt der vorliegende Fall: Bei einer Naturdenkmaleiche, die aus insgesamt drei Stämmlingen bestand, sollte ein abgebrochener Stämmling entfernt werden. Dafür musste die Verseilung aus Stahlseilen entfernt werden. Die ausführliche Baumansprache ergab mehrere Schadsymptome und Anzeichen für Fäule. Aufgrund der nassen Bodenverhältnisse wurde entschieden, die Arbeiten mittels SKT durchzuführen. Die beiden Kletterer stiegen an den beiden noch vitalen Stämmlingen bis zu der Kronensicherung auf und durchtrennten die Stahlseile, die die gesunden mit dem abgebrochenen Stämmling verbanden. Die Erschütterung in dem Baum sorgte dafür, dass ein weiterer Stämmling, an dem ein Kletterer gesichert war, abbrach und an der noch vorhandenen Kronensicherung herum schwang bis diese riss. Der Stämmling fiel zusammen mit dem Kletterer zu Boden. Die Folge waren mehrere Wirbelbrüche und Sehnenrisse. Die Unfallbeteiligten erhielten alle psychologische Betreuung.

Routine kann gefährlich sein

Die Erkenntnisse der Unfallermittlung zeigt leider, dass insbesondere mangelnde Konzentration, Flüchtigkeitsfehler und eingeschliffene Routinen zu Arbeitsunfällen führen. Es stellt sich zudem leider immer wieder heraus, dass nicht zuletzt private Ablenkungen in die Unfallursachen mit reinspielen. Das ist nicht nur im Bereich der SKT so, vielmehr lässt sich dieses Phänomen in allen Bereichen der täglichen Arbeit beobachten.

„Es stellt sich leider immer wieder heraus, dass nicht zuletzt private Ablenkungen in die Unfallursachen mit reinspielen.“

Carsten Beinhoff

In der Folge lässt sich bei einem Großteil der erfassten Unfälle feststellen, dass sie hätten vermieden werden können, wären die beteiligten Personen konzentriert „bei der Sache“ gewesen. Aus diesem Grund wurde die Gefährdungsbeurteilung für psychische Belastungen entwickelt. Mithilfe dieser Beurteilung sollen Gefahrenpotenziale durch geistige, zwischenmenschliche und soziale Einflüsse erfasst und eingeschätzt werden.

Es bleibt also auch in diesem Jahr zu sagen: Bewahren Sie die Ruhe und gehen Sie jede Baustelle mit einer sorgfältigen Vorbereitung und einem ausreichenden Zeitpuffer an, denn das kann Leben retten!

Carsten Beinhoff

ist Mitarbeiter der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) im Bereich Prävention.

Digitale Ausgabe AFZ-DerWald

Holen Sie sich noch mehr wertvolle Fachinfos.
Lesen Sie weiter in der digitalen Ausgabe AFZ-DerWald !

Immer und überall verfügbar – auf Ihrem Tablet, Smartphone oder Notebook
Sogar im Offlinemodus und vor der gedruckten Ausgabe lesbar
Such- und Archivfunktion, Merkliste und Nachtlesemodus