Waldbrandstatistiken im Vergleich
Schneller Überblick
- Die Differenzen der Statistiken der Waldbranddaten sind gravierend
- Die Meldesysteme der Bundesländer reichen von Bürgermeldungen über Aufklärungsflüge bis hin zu optischen Kamerasystemen
- Im paneuropäischen System (EFFIS) wird auf großflächige Satellitenaufnahmen zurückgegriffen
Waldbrände führen weltweit zu ökologischen, ökonomischen und sozialen Schäden. Seit mehreren Jahrzehnten werden in Deutschland und in der Europäischen Union (EU) die Daten der Brandereignisse aufgearbeitet. In Deutschland stellt die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) die Daten der 16 Bundesländer und der Bundesforsten zusammen [1]. Für die EU und weitere angeschlossene Länder (Paneuropa) wird die jährliche Waldbrandstatistik durch das Joint Research Centre (JRC) im Rahmen des European Forest Fire Information System (EFFIS) erstellt [2]. Für Deutschland zeigen die beiden Waldbrandstatistiken auffallende Differenzen, sowohl in der Häufigkeit der Waldbrandereignisse als auch in den Flächendimensionen.
Datendarstellung
Die Angaben von EFFIS und BLE zur Häufigkeit von Waldbränden unterscheiden sich deutlich. So weist die BLE im Jahr 2019 108-mal mehr Waldbrände aus als EFFIS (Abb. 2).
„Ein fundiertes Waldbrandmanagement vor und nach einem Brand erfordert eine zuverlässige Datenerhebung.“
Die durchschnittliche Waldbrandfläche beträgt nach EFFIS 1.288 ha, nach BLE 1.221 ha. Obwohl diese Durchschnittswerte annähernd gleich sind, zeigen sich dennoch deutliche Unterschiede bei den jahresbezogenen Flächenangaben. Zwar wird die Entwicklung der Waldbrandfläche ähnlich wiedergegeben, in den einzelnen Jahren wechseln sich aber deutliche Unter- und Überschätzungen ab (Abb. 3). Wird die Anzahl mit der Fläche der Waldbrände kombiniert, ergibt sich eine durchschnittliche Brandgröße von 1 ha gemäß der BLE-Statistik und 107 ha gemäß EFFIS.
Das Vorgehen in Deutschland
Die deutsche Brandfrüherkennung basiert flächendeckend auf Bürgermeldungen, teilweise ohne weitere Meldesysteme. Mitunter werden Aufklärungsflüge durchgeführt. In sechs Bundesländern werden kamerabasierte automatische Waldbrandfrüherkennungssysteme (AWFS) verwendet (FireWatch der Firma IQ Technologies), die Brände anhand von Rauchereignissen innerhalb von acht Minuten mit einer Genauigkeit von 100 m erkennen. Die Brandfläche wird im Nachhinein gutachterlich geschätzt. Im föderalen Deutschland obliegt das Waldbrandmanagement mitsamt Datenerhebung den Bundesländern. Deren Vorgehensweisen wurden durch Experteninterviews mit den jeweiligen Waldbrandschutzbeauftragten der Bundesländer ermittelt (Tab. 1).
Das Vorgehen in Europa
Auf der EFFIS-Ebene findet die Branderkennung durch Satellitensysteme statt. Der für die Datenerfassung verwendete Sensor ist MODIS, der sich an Bord der Terra- und Aqua-Satelliten befindet und Teil des internationalen Erdbeobachtungssystems der NASA ist. Die Abkürzung „MODIS“ steht für Moderate Resolution Imaging Spectroradiometer (dt.: Bildgebungsradiospektrometer mittlerer Auflösung) und stellt ein Instrument zur Messung elektromagnetischer Strahlungen dar. Wird zwischen zwei Pixeln eine thermische Anomalie erkannt, wird dieser als Brandfläche verzeichnet. Die thermale Information wird mit einer Auflösung von 1.000 m bis zu viermal täglich erfasst. Durch die relativ grobe Auflösung kann nicht zwischen mehreren kleinflächigen, schwächeren Bränden und einem großflächigen, heißeren Brand unterschieden werden. Durch die Auflösung des Systems sowie die nachgelagerte Datenverarbeitung werden Brände erst ab 30 ha erkannt [3].
Die Systeme im Vergleich
Die Waldbrandmeldesysteme verfügen über unterschiedliche räumliche und zeitliche Auflösungen. Die großflächige räumliche Auflösung der Satellitenüberwachung steht einer kleinteiligen Auflösung durch AWFS und menschlicher Einschätzung durch Aufklärungsflüge gegenüber (s. Tab. 2).
In Deutschland treten vorrangig kleinere Brände auf, die durch geringere Temperaturen und schnelle Löschzeiten von dem EFFIS-System aufgrund der räumlichen und zeitlichen Auflösung nicht bemerkt werden könnten. Laut der jährlichen nationalen Statistik betrug in Deutschland 2019 die Brandfläche durchschnittlich 1,78 ha, 2020 nur 0,27 ha. EFFIS wurde vorrangig für Regionen mit hohem Waldbrandrisiko entwickelt [4]. Aufgrund der Flächengröße und den damit zusammenhängenden Löschzeiten sind die nationalen Waldbrandmeldesysteme besser für das deutsche Waldbrandgeschehen geeignet als das EFFIS-Fernmeldesystem. Die Differenzen der deutschen und paneuropäischen Statistiken basieren überwiegend auf den dargestellten technischen Hintergründen der Meldesysteme. Zusätzlich beeinflussen unterschiedliche Walddefinitionen innerhalb Deutschlands sowie im EFFIS-Verband die Aufnahme von Waldbränden in die Statistik. Aufgrund abweichender Walddefinitionen werden Brände teilweise anderen Flächen zugeordnet und tauchen dadurch nicht in den Waldbrandstatistiken auf. Interne Kommunikations- und Übertragungsfehler sind im deutschen Waldbranddatenerhebungsverfahren möglich. Ein Hauptproblem stellt vor allem die teilweise unkoordinierte Datenweitergabe sowie fehlende Meldesysteme in Privat- und Kommunalwäldern dar, wodurch möglicherweise Brände in den Statistiken entfallen.
Literaturhinweise:
[1] Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (2021): Waldbrandstatistik der Bundesrepublik Deutschland für das Jahr 2020. [2] Joint Research Centre (2021): Forest Fires in Europe, Middle East and North Africa 2020. [3] CAMIA, A. (2018): The European Forest Fire Information System. User Guide to EFFIS applications. Online verfügbar unter https://effis-gwis-cms.s3-eu-west-1.amazonaws.com/effis/reports-and-publications/effis-related-publications/effis-userguide-23.pdf, zuletzt geprüft am 01.12.2021. [4] Rat der Europäischen Union (EWG) (1992): Nr. 2158/92 – Verordnung zum Schutze des Waldes, Der Rat der Europäischen Gemeinschaften.
Fee Brauwers
ist Absolventin des Masterstudiengangs Holzwirtschaft in Hamburg und verfasste die dem Beitrag zugrunde liegende Arbeit für die BLE unter Betreuung von Prof. Dr. Michael Köhl (Universität Hamburg).
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